Ein Sozialwissenschaftler und Publizist gewährt Akteneinsicht. Wem diese Tatsache allein wenig aufregend erscheint -- Günter Amendt, Autor der Kultbücher Sexfront und Ecstasy & Co., ist vor allem aufgrund seiner liberalen und aufklärerischen Haltung in Sachen Drogen und Sex hervorgetreten. Erstaunt erfahren wir nun, dass dieser scharfsinnige Mensch auch noch absoluter Dylan-Kenner der ersten Stunde ist. Der pünktlich zum sechzigsten Geburtstag des Meisters erschienene Band Back to the Sixties enthält -- neben einem längerem neuen Text (dem äußerst launigen Skript zu einer vom Amendt veranstalteten "Dylan-Nacht") -- auch eine ganze Reihe älterer Artikel und Plattenkritiken zu Dylans Never Ending Tour. Erste Deutschlandreise Dylans im Jahr 1978. Amendt, vom Konzertveranstalter Fritz Rau als Tourbegleiter eingeladen, erinnert sich, dass das Dortmunder Publikum schwer schluckte, als statt des erwarteten Hobos mit Mundharmonika und Klampfe nun eine Big Band mit Backing-Sängerinnen herumturnte. Mittelpunkt der penibel durchgestylten Show ein etwas grotesker Bob Dylan, geschminkt und mit Lidschatten. Dann noch "Don't Think Twice" im luftigen Reggae-Rhythmus. Dem Berliner Publikum einige Tage darauf war dies zu viel, hier hagelte es schon nach Minuten Eier und Mehltüten. Dylan hielt ungerührt durch. Auf der Rückfahrt im Bus fragte er Amendt, ob sich der Protest wohl gegen seine schwarzen Sängerinnen gerichtet hätte. Dylans denkwürdiger Deutschlandtrip ist auch Thema von Amendts dreistündiger Dylan-Nacht, die das DeutschlandRadio und der Deutschlandfunk ausstrahlen. Wie ein Feinchirurg zerlegt und analysiert Günter Amendt in weiteren Kapiteln die Ups und Downs in Dylans dschungelhafter Plattenkarriere. Kenntnisreicher ist dies kaum noch möglich. Zum Schluss trifft er noch auf einen "so-called Dylan friend" (Amendts Englischfimmel ist beinahe schon notorisch). Was der so geoutete Rudolf Scharping dabei zum Besten gab, mit dem sich Amendt auf der Fünfzigjahrfeier des Sterns durch einen Smalltalk quälte, lesen Sie am besten selbst. Dylan-Führung der Extraklasse! --Ravi Unger Quelle:
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