Unzählige Schläuche führten in den Körper, der, verhüllt wie eine Mumie vor ihm lag. In den nächsten Stunden mussten 20 Liter Flüssigkeit ersetzen, was ihr Organismus durch die Verletzungen verloren hatte. Die Ärzte machten Greg über die Überlebenschancen seiner Frau keine Illusionen. Beruhigungsmittel hatten sie in ein Schlafkoma versetzt. An diesem Morgen war die vor Leben sprühende junge Frau verspätet zur Arbeit gegangen. Es sollte ihre Rettung bedeuten. Als Lauren Manning, Vizepräsidentin der Firma Cantor Fitzgerald, am 11. September 2001 die Lobby des World Trade Centers betrat, war es 8:48 Uhr. Die Feuerwalze, die ihr aus dem Aufzugsschacht entgegenschoss, verwandelte die 32-Jährige in Sekundenbruchteilen in eine lebende Fackel! Mehr als 80 Prozent von Laurens Hautoberfläche waren bereits verbrannt, als ein beherzter Passant die Flammen erstickte. Den monatelangen, schier unmenschlichen Überlebenskampf seiner Frau hat Greg Manning in liebevollen und erschütternden E-Mail-Bulletins an besorgte Freunde und Verwandte dokumentiert. Die nun in Buchform gesammelten Mitteilungen stehen stellvertretend für all die täglichen Dramen, die sich im Burn Center des New York Presbyterian in jenen Tagen abspielten. Dank eines aufopferungsvollen Ärzteteams, der großen Liebe ihres Ehemannes sowie Laurens immer währender Zuversicht, ihren kleinen Sohn Tyler wiederzusehen, konnte die Todgeweihte unter unsäglichen Qualen ins Leben zurückgeholt werden. Spät erst mutete man Lauren Manning die fürchterliche Nachricht zu: Fast die gesamte Belegschaft von Cantor Fitzgerald hatte in den obersten Stockwerken des Nordturms den Tod gefunden -- 700 Menschen, rund ein Viertel der Gesamtopferzahl aus beiden Türmen! Das Tagebuch ihres persönlichen Leidensweges beginnt an jenem unheilvollen Datum und schließt am 18. Dezember -- zum ersten Mal mit Laurens eigenen Worten des Dankes. Der Kampf war gewonnen und dennoch würde nichts mehr sein, wie es war. Lauren Manning wurde in den USA zu einer Art nationaler Symbolfigur für den zähen Überlebenswillen nach den Terroranschlägen. Ein Einzelschicksal unter vielen, das den Wahnsinn erst recht überdeutlich werden lässt. --Ravi Unger Quelle:
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