Das wäre ein Name ganz nach Vaters Geschmack gewesen. In der Sowjetunion kamen Filme aus dem kapitalistischen Ausland erst mit jahrelanger Verspätung zur Aufführung. Kirk Douglas als meuternder Gladiator hatte den alten Herrn 1971 mächtig beeindruckt. Dem kühnen Namenswunsch für seinen Erstgeborenen schob die Mutter allerdings einen vehementen Riegel vor. Man stelle sich nur vor, sinniert Vitali, der berühmte Ringsprecher des Cesar’s Palace würde lautstark einen „Spaartakuuuuus Kliiiiiitschkoooo“ ankündigen. Es sollte anders kommen. Auf diesem ukrainisch-trockenen Humorlevel schreiten Vitali und Wladimir Klitschko noch einmal ihren Lebensweg ab. Was Vitali und – fünf Jahre später – Wladimir, in ihren Kinderjahren zu sehen bekamen, waren matschige Steppen und die öde Stacheldrahtwelt der Kasernen, in die der Offiziersvater in regelmäßigen Abständen versetzt wurde. Zuhause herrschte eine streng/liebevolle Hierarchie, ein Ordnungsprinzip, das die Brüder noch heute propagieren. Eine Kinderzeit in bedrohlicher Nähe zu den Atomwaffentests in Kasachstan lässt beide noch heute erschauern. Bald sollte in ihrer ukrainischen Heimat weitaus größere Strahlengefahr drohen. Nach spannenden Innenansichten aus dem sowjetischen (Militär)-Alltag, werden die sportlichen Weichen gestellt. Alles begann mit einem Vortrag in der Schule. Ein gewisser Muhammad Ali, ein Schwarzer, hatte den Klassenfeind vorgeführt. Vitali war fasziniert, der Bruder folgte, dem Vater gefiels. Der Rest ist Geschichte. Das letzte Drittel des Buches bewegt sich im schillernden Kosmos zwischen Boxring, Talkshows, Werbeagenturen und Hollywoodstars. Die Marke Klitschko war im Westen angekommen. Erregend (und zähneknirschend) geschildert, die Momente, in denen die Legende bröckelte: Wladimirs spektakuläre Ko-Niederlage gegen Corrie Sanders, eine noch heute bittere Pille. Vitali musste dem „Kleinen“ gehörig den Kopf waschen ob der Laxheit seiner Lebensweise. Der durfte beim verletzungsbedingten Kampfabbruch des Bruders gegen Lennox Lewis Trost spenden. Der mysteriös verlorene Fight eines merkwürdig schwächelnden Wladimir gegen Lamon Brewster, verleitet die Kampfesbrüder zu wilden Verschwörungstheorien. Zusammenhalt ist eben alles. Große Literatur ist das von Boris Becker-Biograf Fred Sellin ins Deutsche gesetzte Buch nicht, wie eine Amazon.de-Leserin anmerkt, aber ein Punktesieg in Sachen Sowjet- und Sportreportage allemal.–Ravi Unger Quelle:
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