Während überall in der Welt die Stimmen lauter werden, die zum Schutz der Umwelt nicht etwa den Ausstieg, sondern im Gegenteil den Ausbau der Atomenergie fordern, erinnert dieser Band mit bestürzenden Fotografien, die Igor Kostin nach dem bisher größten eingetretenen Unfall in der Geschichte der Kernenergie angefertigt hat, eindrücklich an die Katastrophe, die sich am und nach dem 26. April 1986 in Tschernobyl ereignet hat. Schon das bloße Wissen um das Ausmaß der Verstrahlung lässt einem beim Durchblättern des Bandes das Blut in den Adern gefrieren. Beim Anblick der so genannten „Liquidatoren“ etwa, die sich in völlig unzureichenden Schutzanzügen einer die offiziell tödliche Dosis um das dreißigfach übersteigenden Strahlung aussetzen mussten, um die unfassbare Menge von 170 Tonnen radioaktiver Brennstoffe und verstrahlter Trümmer von den Dächern des Unglücksreaktors zu räumen, wird man unweigerlich von einer Beklemmung erfasst, die einen für Momente das Gefühl gibt, die Vernichtungskraft der Strahlung am eigenen Körper zu spüren. Auf manchen Aufnahmen ist diese Strahlung in der durch sie verursachten groben Körnung auch tatsächlich sichtbar. Ihre so dauerhafte Präsenz und Lebensfeindlichkeit, die sich selbst hierzulande immer noch in verstrahlten Waldpilzen und verseuchtem Wildbret manifestiert, dokumentiert Kostin mit Aufnahmen von tierischen Missgeburten, die noch Jahre nach dem Unglück zur Welt kommen. Solche Bilder sind nicht schön. Doch ersparen sollte man sich ihren Anblick nicht. Im Gegenteil. Kostins Tschernobyl-Band sollte zu den unbedingten Pflichtanschaffungen einer jeden Schulbibliothek gehören. --Andreas Vierecke Quelle:
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