Das alte und das neue Spanien, exemplarisch dokumentiert in zwei Abbildungen der beiden bedeutendsten spanischen Regisseure des 20. Jahrhunderts, Luis Buñuel und Pedro Almodóvar. Auf der einen sieht man Buñuel im Herbst 1969 während der Dreharbeiten zu seiner surrealen, antiklerikalen Satire Die Milchstraße. Mit einem überdimensionalen Kreuz auf seinen Schultern erscheint er als einer, der mit anpackt, hebt sich aber gleichzeitig von seinen Helfern deutlich ab durch den Motivsucher, den er wie eine Amtskette um den Hals trägt, und seine in hohen Stiefeln steckenden Hosen, die an den distinguierten Kleidungsstil eines hohen Militärs oder Gutsbesitzers erinnern -- die Inszenierung des heroischen Gestus eines Künstlers der Moderne, der Traditionen kultiviert, um sie dann nur umso heftiger zu attackieren. Ganz anders Almodóvar: Er wird inmitten seiner Darsteller von High Heels Anfang der 90er-Jahre gezeigt. Die Stimmung ist entspannt, die Farben sind schrill. Da ist nichts Aristokratisches oder Auratisches mehr, nur die heiter-selbstironische Lässigkeit eines Künstlers der Postmoderne. Nicht zuletzt war Almodóvar eine der Schlüsselfiguren der so genannten Movida madrileña, dieser pulsierenden Aufbruchs- und Avantgardebewegung in Musik, Kunst, Film, Mode und nächtlicher Lebenskultur, die nach dem Tod Francos 1975 einsetzte. Die Fotos markieren den Anfang der Almodóvar-Biografie Almodóvar. Kino der Leidenschaften von Christoph Haas, der in seiner Annäherung an die Person dieses Enfant terrible des spanischen wie überhaupt des europäischen Autorenkinos mit der Schwierigkeit zu kämpfen hatte, das Almodóvar sich in Interviews zwar gerne und wortreich über seine Filme äußert, bei Fragen nach seiner privaten Existenz aber eher schweigsam wird oder sich in zahllosen Anekdoten über seine Kindheit und Jugend verliert -- von ihm selbst pointiert auf den Punkt gebracht in dem Ausspruch: "Mein Leben ist nur ein Vorwand, Filme zu drehen." Ganz im Sinne dieser Maxime wendet sich Haas dann auch ausführlichen wie aufschlussreichen Werkbeschreibungen zu und verzichtet auf die chronologische Struktur klassischer biografischer Porträts. Er bündelt die verschiedenen ästhetischen und inhaltlichen Grundzüge der Filme in einzelnen Themenkomplexen, und dieser Masterplan erweist sich als äußerst hilfreich bei dem Versuch, dieses Collagekino des "fröhlichen, universellen Eklektizismus" (Haas) fassbar zu machen. So gilt auch für Haas und sein Buch das, was er als markantestes Merkmal von Almodóvars Filmschaffen bezeichnet: "Zum Vergnügen des Regisseurs und des Zuschauers wächst ... (hier) stets zusammen, was nicht zusammengehört." --Mark Stöhr Quelle:
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