Jazz kocht -- Jazz cooks. Das ist der Originaltitel dieses wunderbaren Jazz-Kochbuchs und so lautet auch die CD, die zu diesem ausgefallenen Buch dazugehört. Manche mögen sich hier fragen: Was hat Jazz mit Kochen zu tun? Auf jeden Fall nichts mit Dinner-Jazz. Dieses Buch liefert auf subtile Weise Antworten zu den Verbindungen zwischen Jazzmusik und kulinarischen Erlebnissen, indem es zu den Porträts der Jazz-Größen und ihrer Musik fast beiläufig deren Lieblingsrezepte und ihr Verhältnis zu Kochen und Essen offenbart. Die Musikerporträts sind nach Instrumenten bzw. Gesang gegliedert. Zu jedem Kurzporträt gibt es ein brillantes Foto, das die Künstler in sehr privater Atmosphäre oder auch mit Kochutensilien "bewaffnet" zeigt. Danach folgt die "Leibspeise" einhergehend mit Kommentaren warum dieses Rezept gewählt wurde bzw. welche Geschichte dahinter steckt. Die Rezepte reichen von bodenständiger einfacher Hausmannskost ("Bier-Schmorbraten" von Shirley Horn) bis zu etwas ausgefalleneren Gerichten wie beispielsweise "Westindischer Eintopf" (Nat Adderley) oder "Mit Cognac flambierte Austern" (Ray Brown). So wie die Jazzmusik ihre Wurzeln im Süden der USA hat und von schwarzen Musikern getragen wird, so sind auch die Gerichte vom Soul Food bzw. der Südstaaten-Küche ("Süßkartoffelkuchen" von John Stubblefield) geprägt. Für eine Bandbreite an (internationalen) Gerichten bzw. Richtungen sowie verschiedenen Schwierigkeitsgraden ist gesorgt. Sogar die Vegetarier bekommen hier genügend Inspiration ("Armenische Linsensuppe" von Paul Motian oder "Rühr-Tofu" von Ray Anderson). Und wenn Jazzmusiker gesund leben, aber nicht auf Fleisch verzichten wollen, dann kommen sie auf solche Ideen wie Dave Brubeck, nämlich "Cholesterinarme Hamburger mit Sauce". Nun zu den Antworten auf die Frage "Was hat Jazz mit Kochen zu tun?" Die Musiker selbst geben hierüber oft unbewusst Auskunft, indem sie den Lesern verraten, was die Musik mit ihrem Leben, ihrer Geschichte oder ihrer Familie zu tun haben. Durch all diese Porträts schimmern Kindheitserinnerungen, Rückblicke auf gemeinsame Musikertage, oder auf schwere Zeiten hindurch, die unweigerlich wegen ihres Gemeinschaftssinns auch immer etwas mit Essen zu tun hatten. Dabei kommen dann Begebenheiten zu Tage wie die von Milt Hinton, der den "Hackbraten Millionär" (so benannt, weil der Hackbraten etwas "aufgepeppt" und deshalb nicht ganz billig war) manchmal mit, aber vor allem für die ganze Band vor dem Auftritt zubereitete und ihn praktischerweise während eben dieses Auftritts garen ließ. Oder die Geschichte von Ray Brown, dessen Elternteile beide Köche waren und der so früh die Freude am gemeinsamen Essen erlebt hat. Und dessen an Telepathie grenzende Improvisationskünste nicht nur zu seiner Musik, sondern auch zu seinem Kochstil gehören. Diese Reihe ließe sich endlos fortsetzen, aber die Antwort auf die eingangs gestellte Frage muss am besten jeder Leser für sich selbst entdecken. Die beigepackte CD ist auch ein Genuss für sich. Die Aufnahmen zeigen eine Bandbreite an Jazz-Richtungen und Improvisationskünstlern. Cool und Free Jazz sowie von Latin oder Swing beeinflusste Stücke sind hier versammelt und bereiten nicht nur beim Essen, sondern auch bereits beim Kochen die richtige Stimmung und verführen zu Improvisationen. Aber Vorsicht: denn improvisieren hat auch immer etwas mit Können zu tun! Auf alle Fälle ein ausgefallenes Geschenk, das jeder Koch- und Jazzliebhaber zu schätzen wissen wird. --Gabi Bauer Quelle:
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