Fühmann konzentriert sich in seiner Sage von Trojas Fall auf das letzte Jahr des zehnjährigen Trojanischen Krieges. Er beginnt mit einer Rückblende auf das Urteil des Paris. Dieser gibt den Goldenen Apfel der Göttin Aphrodite, die ihm dafür Helena, die schönste Frau Griechenlands verspricht. Damit zieht er sich den unversöhnlichen Haß der Götterkönigin Hera und der Pallas Athene zu. Nach dem Raub Helenas durch Paris belagert das griechische Heer unter Menelaos -- Helenas Gatten -- und dessen Bruder Agamemnon neun Jahre lang Troja. Hier beginnt Fühmanns eigentliche Erzählung. Er schildert die blutigen Schlachten zwischen Griechen und Trojanern sehr plastisch und voller Phantasie. Mitunter verliert er sich zwar etwas in den Einzelheiten des Kampfes, etwa wenn er aufzählt, wer wieviele Gegner -- alle namentlich erwähnt -- erschlagen hat; aber das sorgt nur dafür, daß seine Sage der homerischen Ilias erstaunlich nahekommt. Hin- und mitreißend schildert er auch die Listen und Intrigen der Götter und Göttinnen, die nicht nur an der Seite der Menschen, sondern auch auf dem Olymp und untereinander Krieg führen. Fühmann gelingt das seltene Kunststück, die verfeindeten Seiten mit gleicher Intensität und Genauigkeit zu beschreiben, ohne für eine Seite Partei zu ergreifen. Der Leser bleibt in diesem Buch neutraler Beobachter. Einzig die Position Helenas und der Frauen Trojas bleibt in diesem Werk seltsam unklar und wird nur am Rande erwähnt. Fühmanns Helena gleicht in ihrer Farblosigkeit sehr Homers Original. Abgesehen vom Fehlen Cassandras, übergeht Fühmann auch das Eingreifen der Amazonen auf Seiten der Trojaner. Auch daß diese bei dem Versuch, den Leichnam Penthesileas aus Achills Umarmung zu reißen, vollständig vernichtet werden, fehlt hier. Ansonsten ist dieses Buch allen zu empfehlen, die sich für die griechische Mythologie interessieren. Allerdings sei Lesern, die sich in der antiken Mythologie nicht auskennen, die Benutzung eines Lexikons empfohlen, um den Überblick über die Helden und Götter und ihre Hintergründe zu behalten. --Jörn Polhammer Quelle:
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