"Dass Jerome Charyn weder reich noch berühmt ist, nehme ich als äußerst subjektiven Beweis dafür, dass Gott nicht existiert", lautet ein durchaus repräsentatives Urteil über den Mann, der mit seinen Romanen um Isaac Sidel eine der innovativsten Krimiserien geschrieben hat -- äußerst subjektiv gesprochen natürlich. Abrechnung in Little Odessa kann wie alle bisherigen und noch folgenden Romane der Serie für sich gelesen werden, das Vergnügen wird durch die Kenntnis von Isaac Sidels vorausgehenden Abenteuern allerdings beträchtlich gesteigert. Denn Isaac hat eine erstaunliche Karriere hinter sich: Vom kleinen Streifenpolizisten steigt er zum Polizeipräsidenten auf und wird -- im vorliegenden Buch -- schließlich zum Bürgermeister von New York gewählt. Doch sein hohes Amt geht nicht mit Berührungsängsten einher: Seine Angewohnheit, sich gelegentlich unters Volk zu mischen und beispielsweise unter dem angenommenen Namen Geronimo Jones in einer Obdachlosenunterkunft zu schlafen, bringt ihm immer wieder Ärger ein. Als die rassistischen Knickerbocker Boys anfangen, Obdachlose umzubringen, nimmt Isaac die Verfolgung auf und wird in einen Strudel von Ereignissen gerissen, die ihn schließlich an den Ort verloren geglaubter Träume führen: die Kleine Engel Straße in Odessa. Die Faszination, die Jerome Charyns Kriminalromane auf ihre Leser ausüben, kann nur mit dem Begriff magisch angemessen beschrieben werden. "Meine Bücher sind linguistische Attacken, die zufälligerweise von Polizisten handeln", sagte er in einem Interview. "Ich bin nicht daran interessiert, Gauner zu erwischen. Sie spielen in einem Schattenland, wo Gut und Böse aufeinander treffen und nicht von einander unterscheidbar sind." Wer einmal vom Isaac-Sidel-Virus angesteckt wurde, wird ihn nicht mehr los. Jeder neue Roman führt zu durchwachten Nächten und schwarz umränderten Augen. Vor diesem Autor muss gewarnt werden! Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es auch Sie erwischen. --Hannes Riffel Quelle:
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