Erinnerungen an die Bronx lautet der Untertitel dieses Buches, und er weist seine Leser darauf hin, dass es sich bei Jerome Charyn um jenen Autor handelt, der in seinen Kriminalromanen die vielleicht treffendste Schilderung der New Yorker Unterwelt geliefert hat. Der Schwarze Schwan ist die Fortsetzung des Erinnerungsbuches Die dunkle Schöne aus Weißrussland, in dem wir von den ersten Gehversuchen des kleinen Jerome gehört haben. Inzwischen ist es nicht mehr seine Mutter, die in die Halbwelt der Gangster und Politiker gezogen wurde, sondern der Junge selbst. Weil ihn alle wegen seiner großen Ohren hänseln, schwänzt er die Schule und verbringt Stunden in einem heruntergekommenen Filmpalast. Die Schauspieler der großen Zeit Hollywoods flanieren vor seinen Augen vorbei und wecken in ihm Träume von edlen Helden und schönen Frauen. In der Wirklichkeit muss er jedoch für einen Schutzgelderpresser Rückstände eintreiben -- ein Schulbub in einem maßgeschneiderten Anzug und mit einem schwarzen Schläger als Geleitschutz. Noch immer beschäftigt seine Mutter die Fantasie der Mächtigen des Viertels, doch als sie sich überreden lässt, mit ihren Kartengeberkünsten die Spieler in einem vornehmen Urlaubsort zu verzaubern, ist die Katastrophe vorprogrammiert. Die Ereignisse dieses Buches, die nach Aussage des Autors "von den Ereignissen meiner Kindheit angeregt" wurden, können in dieser Form nie stattgefunden haben -- und doch könnten sie wahrer nicht sein. Jerome Charyn ist ein lakonischer Erzähler, dessen melancholische Helden einem griechischen Epos entsprungen zu sein scheinen. Aber sie leben in unserer Welt, mit unseren Sorgen und Nöten, und deshalb ist es auch unmöglich, nicht auf jeder Seite mit ihnen zu fiebern; ebenso wie es unmöglich ist, von Charyns Fabulierkunst nicht verzaubert zu sein. --Hannes Riffel Quelle:
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