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Das Zusammenleben der Kulturen. Ein Gegenentwurf zu Huntington.

Das Zusammenleben der Kulturen. Ein Gegenentwurf zu Huntington.
Autor: Harald Müller
Verlag: Fischer Taschenbuch
Broschiert
Auflage:
Seiten: 256
ISBN-10: 3-596-13915-5
ISBN-13: 978-3-596-13915-6
ISBN: 3596139155
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Seit dem 11. September 2001 ist -- wie sollte es anders sein? -- ständig die Rede vom Kampf der Kulturen, den Samuel Huntington vor ein paar Jahren für unsere Zukunft prognostiziert hat. Die einen sehen in den islamistisch-djihadistischen Anschlägen eine Bestätigung der Kulturkampfthese, die anderen werden nicht müde zu betonen, dass das, was wir jetzt erleben, eben kein Kampf der Kulturen sei. Die Frage aller Fragen ist nun: Was hat es denn nun tatsächlich auf sich mit den Thesen des amerikanischen Politikwissenschaftlers und Bestsellerautoren?

Nicht viel! Dies belegt neben der brillanten Studie von Martin Riesebrodt über Die Rückkehr der Religionen eindrucksvoll auch Harald Müllers Arbeit über Das Zusammenleben der Kulturen. Müller, Mitglied des Hessischen Instituts für Friedens- und Konfliktforschung, liefert mit seinem Buch zunächst das notwendige Rüstzeug für jeden, der gegen Huntington oder einen seiner Epigonen in einer Talkshow bestehen will. Dazu freilich braucht er nicht mehr als 20 Seiten. Auf diesen liefert er zunächst eine hervorragende Zusammenfassung des Mega-Bestsellers, eine wissenschaftstheoretisch abgestützte Kritik der zugrunde liegenden Methode (die auch auf die Frage eingeht, weshalb das Buch so erfolgreich ist), sowie schließlich die Widerlegung der zentralen Thesen, wie etwa der von den "blutigen Grenzen des Islam".

Für die glaubt Huntington einen statistischen Beweis führen zu können, weil "von einunddreißig gewaltsamen Konflikten zwischen zwei und mehreren Parteien aus verschiedenen Kulturen einundzwanzig -- also zwei Drittel -- mit moslemischer Beteiligung stattfinden". "Das sieht freilich ganz danach aus", so Müller, "als sei der Islam eine besonders gewaltfreudige Kultur. Denkt man jedoch einen Augenblick nach, so fällt einem auf, dass die islamischen Kämpfer für einen 'interkulturellen Konflikt' ja stets eine nichtislamische Gegenpartei brauchen. Mit dieser Überlegung kann man die Statistik in der folgenden Weise neu lesen: Von zweiundsechzig Parteien, die in gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Kulturen verwickelt sind, sind einundzwanzig -- also etwa ein Drittel -- Staaten und Gruppierungen islamischer Herkunft." Angesichts der Tatsache, über die uns ein Blick auf die Weltkarte belehrt, "dass der Islam weitaus mehr Außengrenzen zu Lande hat als jede andere Weltreligion", entpuppt sich Huntingtons Statistik bei genauem Hinsehen als Mogelpackung und die angeblich überdurchschnittliche Kampfeslust der Muslime als statistischer Erwartungswert.

Doch Müller liefert nicht nur schwerlich zu entkräftende Argumente gegen die simple, der tatsächlichen Komplexität der Welt nicht annähernd adäquaten Theorie Huntingtons -- wie gesagt, damit ist er schnell fertig, und er bietet vor allem einen bedenkenswerten Gegenentwurf. In dessen Zentrum steht die wohl begründete Überzeugung, dass es zu einer umfassenden, kulturübergreifenden Zusammenarbeit zwischen den Kulturen keine sinnvolle Alternative gibt, und dass dies den auf der politischen Bühne agierenden Akteuren zunehmend auch ins Bewusstsein tritt. --Andreas Vierecke
Quelle:




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