André Citroën war nicht nur ein fantastischer Autobauer, sondern auch ein Mann mit fantastischen Visionen. Eine davon war -- wohl gemerkt in den 1920er-Jahren -- die erstmalige Durchquerung des gesamten afrikanischen Kontinents mit eigens konstruierten Autos! Gedacht, getan. Zwar nahm der französische Erfolgsindustrielle nicht selbst an der „Croisière noire“ getauften Expedition teil, sorgte jedoch für die finanzielle, technische und organisatorische Umsetzung und demzufolge für das Gelingen einer weltweiten Sensation: 26.000 Kilometer legten 20 seiner Mitarbeiter auf ihrem Weg von Algerien bis Madagaskar zurück -- und das in Zeiten, als es noch so gut wie keine Straßen gab. Man kann erahnen, was Sahara, Sahelzone und Regenwald dem Abenteuertrupp entgegenhielten: strapaziöse klimatische Bedingungen, unwirtliche Landstriche und unüberquerbare Flüsse sowie lebensbedrohliche Krankheiten und Konflikte mit kriegerischen Völkern. Mit anderen Worten: Ein Wunder, dass die Menschen und die raupenähnlichen Fahrzeuge diese mehr als acht Monate lange „Expédition Centre Afrique“ so gut meisterten.
Dass der Trip alles andere als ein Kinderspiel war, dokumentiert der erste Teil des mehr als 200 Seiten starken Nobel-Bildbandes Expedition Afrika 1924/1925. Die Autorin Ariane Audouin-Dubreuil verdeutlich das, analog zu ihrem Vorgängerbuch Expedition Seidenstraße, wieder mit einer Fülle von persönlichen Beschreibungen und detaillierten Hintergrundinfos. Dabei erzählt sie die Geschichte der Expedition packend und anschaulich und vor allem anhand einer Reihe verblüffender Fotos. Einen besseren Erzähler kann man sich -- vor allem aus heutiger Sicht -- kaum vorstellen, denn Audouin-Dubreuil hatte als Tochter des stellvertretenden Expeditionsleiters nicht nur Zugriff auf die Firmenarchive von Citroën und der Société de Géographie, sondern auch auf persönliche Dokumente, bislang unveröffentlichte private Reisetagebücher, Korrespondenzen und Bilder.
Diese finden auch im zweiten Teil des Buches Verwendung, in dessen Mittelpunkt die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Tour stehen. Völkerporträts, Waffenabbildungen, Karten über die Verteilung von Epidemien und Erkenntnisse über bislang unbekannte Insektenarten -- das sind nur einige inhaltliche Stichpunkte, die manchem Hobby-Soziologen, -Ethnologen und Afrikaliebhaber aber bereits genügend Appetit machen. Fans von Abenteuer- und Autogeschichten sollten sich eine derart fundierte Dokumentation einer der fantastischsten Autoexpeditionen der Menschheit sowieso nicht entgehen lassen -- und Citroën-Fahrer am allerwenigsten. --Christian Haas Quelle: