Geschichte muss nicht langweilig sein! Kurzweilige, nah am Alltag orientierte, bildhafte und bisweilen frivole Texte mischt Klaus Kreiser, Inhaber des Lehrstuhls für türkische Sprache, Geschichte und Kultur an der Universität Bamberg, zu einem amüsanten Stadtführer von Istanbul. Über rund 500 Jahre, von der türkischen Eroberung im Jahre 1453 bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, spannt sich der literarische Bilderbogen, der Istanbul in vielen, völlig neuen Fassetten zeigt. Die authentischen, wie ein Flickenteppich leichthändig zusammengefügten und von Kreiser hervorragend übersetzten Quellen ermöglichen weitreichende Einblicke in die osmanische Kultur: Es ist ein besonderer Verdienst des Autors, dabei türkischsprachige Quellen einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Klassische Literatur kommt ebenso zum Zug wie unbekanntere Chronisten und Diwan-Dichter, Memoirenschreiber und Publizisten der neueren Zeit, armenische und orthodoxe Schreiber, Tagebücher und frühe Reiseberichte. Einblicke ins "pralle Menschenleben" liefern erstaunlicherweise auch die offiziellen Urkunden und Registereinträge, die viele Details notieren und sich einer (moralischen) Wertung weitgehend enthalten -- nicht wenige Dokumente liefern handfeste Hinweise auf lustvolle Ausschweifungen. Ganz egal, ob man Istanbul gut kennt oder noch nie dort war: Die literarischen Szenen fügen sich zu einem spannenden Sittenbild zusammen. Fast wie durch ein Schlüsselloch blickt man auf historisch belegte Szenen, die sich in der Istanbuler Bourgeoisie oder in der muslimisch geprägten Altstadt abspielen, trifft auf kleine Leute wie Straßenhändler, Dirnen, Henker und Hammamdiener, lässt sich von Markt- und Basarszenen begeistern, nimmt teil an Kaffeehauskultur und Katastrophen, wandert durch Moscheen. Neben dem pulsierenden Leben versäumt es Kreiser natürlich nicht, auch die Geschichte der berühmten Hagia Sophia, der Blauen Moschee und dem Topkapi-Serail feinfühlig nachzuzeichnen. Ein überaus bemerkenswertes Reisebuch! --Friederike Kaiser Quelle:
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