Wirft man einen ersten Blick in Entweder/Oder, ist man versucht zu glauben, es stamme von einem Dichter, nicht von einem Philosophen. Und dennoch wurde Sören Kierkegaard damit zum Wegbereiter der Existenzphilosophie. Vieles, was diese prägende Denkrichtung des 20. Jahrhunderts ausmacht, findet sich bereits bei ihm: Einsamkeit und Verzweiflung, die Geworfenheit des Menschen, das Absurde, die Angst als Urtatbestand des Menschseins; und daß es eben nicht um abstrakte, allgemeine Fragen der Philosophie geht, sondern immer um die konkrete Lebenssituation und existentielle Not des Einzelnen. Die Reihe Philosophie für Anfänger zeichnet sich besonders durch Autoren aus, die nicht nur kompetent und anschaulich schreiben können, sondern -- wie in diesem Fall Asa Schillinger-Kind -- dem Leser auch ihre eigene Begeisterung für das jeweilige Werk nahebringen. Zum Beispiel die Begeisterung für die unglaubliche Aktualität Kierkegaards, mit der er die Themen der modernen Existenz schon vor über 150 Jahren verblüffend genau auf den Punkt brachte. So erinnert die von ihm ausführlich geschilderte ästhetische Lebenshaltung an unsere heutige Spaß- und Erlebniskultur, wo das Genießen des Genusses zum eigentlichen Ziel wird, am Ende aber doch nur ein schales Gefühl der Leere steht. Und was Kierkegaard zur Freiheit schreibt und zur Notwendigkeit, sich zu entscheiden und sein Leben selbst zu gestalten, findet sich alles später in Sartres Existentialismus wieder und ist heute aktueller denn je. Wer jedenfalls der Meinung ist, Philosophie des 19. Jahrhunderts könne nur verknöchert und langweilig daherkommen, kann sich von dieser eleganten Einführung in Kierkegaards Denken rasch vom Gegenteil überzeugen lassen. --Christian Stahl Quelle:
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