Als am 11. September 2001 die Flugzeuge in die Zwillingstürme rasten, befand sich die Autorin mit ihren Töchtern in Genf. Sofort beschlich sie eine fürchterliche Ahnung, wer hinter den Anschlägen stecken könnte. Die bald darauf von allen Fernsehstationen ausgestrahlten Bilder ließ diese zur Gewissheit werden. Sie zeigten das Gesicht ihres Schwagers, des jüngeren Bruders ihres Mannes, des Onkels ihrer Töchter -- jenes Mannes, den sie nur wenige Male zu Gesicht bekommen hatte: Osama Bin Laden! Die buchstäbliche Kindheit mit dem goldenen Löffel im Mund war es, in der die Autorin, in Lausanne als Tochter eines schwerreichen Schweizers und einer Iranerin geboren, pendelnd zwischen zwei Kulturen, aufwuchs. Seine perfekte Fortsetzung fand dieses Idyll, als 1973 ein saudiarabischer Traumprinz in ihr Leben trat: Jeslam Bin Ladin, Spross eines vielköpfigen Saudi-Clans und Lebemann von hohen Graden. Das nun folgende Highlife und ein gemeinsames Studium in den USA sollten für sie nichts als Glück verheißen. Der Traumhochzeit in Saudi-Arabien folgte ein allmähliches böses Erwachen. Hatte die Autorin im Liebestaumel erste Anflüge von Herrschsucht und Unterdrückung noch schlicht verdrängt, so wurde ihr mit der Heimat ihres Mannes der "gebührende" Platz zugewiesen. Entfremdung trat ein, die Gegenwehr begann. Was Carmen Bin Ladins Buch bei aller Tragik eines 14-jährigen Martyriums zwischen Ehehölle und Scheidungskampf so wertvoll macht, sind die selten erlebten Nahaufnahmen einer schizophrenen Gesellschaft -- heillos zerrissen zwischen unnachgiebiger Orthodoxie und ausschweifendem westlichen Konsumdenken. Carmen Bin Ladins Werk wurde exklusiv in Deutschland erstveröffentlicht. Die Frau, die sich allein durch ihren Namen als "Persona ingrata" fühlt, begreift sich nun als Aufklärerin, die das im Westen noch immer nicht verstandene, rigide Wertesystem Saudi-Arabiens anprangern möchte. Neun lange Jahre, eingebunden in den Bin-Ladin-Clan und seine engen Verbindungen zur Königsfamilie, brachten die Erkenntnis: "Je länger ich in Saudi-Arabien lebte, desto stärker verkörperte Osama für mich all das, was ich an diesem dunklen und kargen Land abstoßend fand." Die "Arroganz und Selbstherrlichkeit der Saudis und ihr mangelndes Mitgefühl für Menschen" lassen Carmen Bin Ladin aber auch in beständiger Angst vor der Rache der Familie und ihres dunkelsten Mitglieds leben. --Ravi Unger Quelle:
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