Frage: „Der Blitz habe eingeschlagen, heißt es, bei einer Szene in dem Stück „La Lune est bleue“, in dem ihr gemeinsam gespielt habt.“ Antwort: „Der Blitzschlag? Red nicht so’n Blech!“ – Es birgt schon ein gewisses Risiko, einem solchen Bären gegenüberzusitzen und ihm blumige Sentenzen über das erste Zusammentreffen mit seiner Frau Elisabeth hinzuflöten. Ein wahrer Hochgeschwindigkeitszug aus Selbstbezichtigungen, anschwellenden Zorneswogen, Momenten drastischer Ehrlichkeit, Zerknirschung und purer Lebenslust, rauscht an dem Interviewer Laurent Neumann vorüber. Kein Wunder, wenn das Gegenüber Gérard Depardieu heißt. Biografiearbeit in Interviewform: Ein prallvolles Leben ohne einen Moment der Langeweile ist garantiert. Eine Kindheit in Châteauroux: Nicht der beste Ruf eilte dem frühreifen Kleinganoven in seinem Heimatort voraus. Schon früh wird Gérards Zockermentalität sichtbar. Das Kind aus ärmlichen Verhältnissen tritt mit den am Ort stationierten US-Soldaten in einen regen Schwarzhandel. In diesen Tagen gedeiht sein Drang zum Geld und zur Freiheit (die Depardieu ständig im Munde führt). Gern kokettiert der Mime mit seiner mangelnden Bildung und seinem frühen Sprachverlust, den erst seine Schauspiellehrer kurierten. Das Dauerproblem Trunksucht wird freimütig behandelt („...macht mich völlig alle, ich bin dann nicht mehr ich selbst...“). Noch ernster wird es beim zerstörten Verhältnis zu seinem genialischen Sohn Guillaume, für dessen tragischen Lebenslauf der zerknirschte Vater Verantwortung übernimmt. Hier kommt auch die mangelnde soziale Bindungsfähigkeit Depardieus aufs Tapet, Grund für eine mittlerweile 28-jährige Psychoanalyse, wie man staunend erfährt. Dem „Denkmal der französischen Literatur“, Marguerite Duras, strich er das Schlafzimmer, im Gegenzug erhielt er Nachhilfe in Sachen Literatur. Die französische Schauspiellegende Bernard Blier stieß er in einem Wutanfall fast von einer Klippe. Anekdoten um Schauspieler, Regisseure und Filme, die jeden Filmfan verzücken werden. Bertolucci, Truffaut, Gabin, Delon, Deneuve, die großen Namen wollen nicht enden. Dass bei einem Pensum von 160 Filmen nicht nur Perlen der Filmkunst entstanden, Depardieu kratzt es nicht. Er muss arbeiten, arbeiten...Ein vom Leben Getriebener hat sich geoutet. –Ravi Unger Quelle:
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