"Wie hört das breite Publikum nur Musik," seufzte Anton Webern, "offensichtlich muss es sich an gewisse bildliche Vorstellungen oder 'Stimmungen' hängen können; es ist verloren, wenn es sich keine grüne Wiese, keinen blauen Himmel oder etwas dieser Art vorstellen kann". Auch Adorno zeterte gegen den "neurotischen Mechanismus der Dummheit", war erzürnt über "die hochmütig ignorante Ablehnung alles Ungewohnten". Was war geschehen? Nichts. Das 20. Jahrhundert wurde nur eingeläutet von Strawinskys Le sacre du printemps und Alban Bergs Altenberg-Liedern. Ein musikalischer Quantensprung. Das Publikum allerdings schmerzte das plötzliche Fehlen vertrauten Wohlklangs, der Wegfall von Melodie, Symmetrie und einfacher Metrik fand keine wohlwollende Aufnahme. "Die Wiener Schule", in Gestalt von Schönberg, Berg und Webern, löste im Bereich der Komposition einen erdbebenartigen Umbruch aus -- von den tumultartigen Szenen im Konzertsaal ganz zu schweigen. In ihrer Hilflosigkeit verpassten Kritiker der neuen Musik das Etikett "intellektuell"; Jean Cocteau witterte gar "schulmeisterliche Musiker" am Werk, mit einem Hang zu "heftiger arithmetischer Selbstbefriedigung". Auf der anderen Seite des Ozeans vernichtete Edgar Varèse, ein radikaler Klangsucher, derweil sämtliche traditionellen Partituren und entbot in seinem 1925 geschaffenen Werk Hyperprism dem geschockten Publikum lediglich noch karge Bläserklangflächen. von der Weids Handbuch (dim., musikalisch gesprochen, für ein an die 800 Seiten starkes Kompendium), bietet einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis der Musikentwicklung des 20. Jahrhunderts. Behutsam, in einem fast philosophisch anmutenden Exkurs führt er uns ein in die Klangwelten eines Ligeti, Stockhausen, Cage und Rihm, hält aber auch mit seiner Abneigung gegen "ästhetisch nachlässige" Esoterik-Tonschmiede wie Arvo Pärt, John Adams und deren "euthanasierenden Schmeicheleien" nicht hinterm Berg. Begleitet wird jedes Komponistenporträt von einer sorgfältigen Bibliografie und Diskografie. Schwieriges, aber großartiges Werk! --Ravi Unger Quelle:
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