Es ist daher eine sinnvolle und gewinnbringende Vorgehensweise, Auszüge aus Enzyklopädien einzeln und günstig zugänglich zu machen. Im Falle der MGG ("Musik in Geschichte und Gegenwart") gab es solche "Auskoppelungen" schon für die alte, 1976 abgeschlossene Ausgabe. Ebenso verfahren die Verleger nun mit der seit 1994 erscheinenden neuen MGG.

Der vorliegende Band gibt den Text von Ludwig Finschers umfassenden Artikel "Symphonie" unverändert wieder, während aus nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Gründen auf den einleitenden Artikel "Symphonia" von Klaus-Jürgen Sachs, der den Gebrauch des Begriffs in Antike und Mittelalter beleuchtet, ebenso verzichtet wurde wie auf Detlev Altenburgs thematisch verwandten Artikel "Symphonische Dichtung", der in der MGG auf Finschers Ausführungen folgt.

Finschers Artikel selbst behandelt die Geschichte des Gattungsbegriffs "Symphonie" beginnend mit dem 16. und 17. Jahrhundert, wo er noch unspezifisch benutzt wurde, und verfolgt ihn durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart. Schlaglichtartig werden dabei auch Einzelwerke wichtiger Komponisten wie Mozart, Beethoven, Brahms oder Bruckner erwähnt, allerdings in der gebotenen Kürze, die jedes nähere Eingehen auf Details verbietet. Die historischen Zwischenschritte über eine Vielzahl von Kleinmeistern werden entsprechend knapper, oftmals lediglich aufzählend, im Sinne des Nachzeichnens großer Entwicklungen behandelt.

Mit den Symphonien Gustav Mahlers endet dieser erste große Abschnitt des Buches, und es folgt die in einzelne Länder unterteilte Entwicklung auf nicht-deutschsprachigem Boden. Schließlich thematisiert ein ebenfalls in Nationen aufgespaltenes Kapitel die Entwicklung der Symphonie im Rahmen der Neuen Musik. Ein knappes, eng gefasstes Literaturverzeichnis ergänzt die Darstellung.

Es handelt sich bei dem vorliegenden Band nicht um ein Lesebuch, das einen mehr oder weniger unkundigen Leser grundlegend in die komplexe Materie einführen würde. Vielmehr sind gewisse Vorkenntnisse erforderlich, um die trockenen Fakten zumindest mit einer ungefähren Vorstellung von der Musik verbinden zu können. Hat man diese Kenntnisse nicht, so wird man das Buch schnell aus der Hand legen. Dem musikalisch oder musikwissenschaftlich vorgebildeten Leser jedoch liefert es, von unvermeidlichen Verkürzungen sowie vereinzelten, durch die alleinige Autorschaft Finschers begründeten Lücken oder Ungenauigkeiten abgesehen, eine wertvolle Gesamtschau der Gattung "Symphonie" mit zahlreichen Anregungen und Verweisen für das eigenständige punktuelle Vertiefen der Materie. --Michael Wersin
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