Bücher über Michael Schumacher haben zur Zeit Hochkonjunktur: Grund dafür ist der dritte Weltmeister-Titel, den der Rennfahrer aus Kerpen im Oktober 2000 erringen konnte. Der Triumph mit Ferrari hat die Schumacher-Mania auch nördlich der Alpen weiter gesteigert, und der Deutsche ist mit diesem Erfolg in den Olymp des Formel-1-Zirkus aufgestiegen. Dass dabei viele Bücher erscheinen, deren Verleger allein auf die schnelle Mark schielen, ist nicht verwunderlich. Anders bei Karin Sturm: Sturms Biografie Michael Schumacher -- Mensch und Mythos bedient den wahren Fan mit Hintergrundinformationen und wagt einen kritischen Blick auf und hinter die Maske des deutschen Piloten. Perfekte Voraussetzung dafür ist, dass die Autorin seit fast 20 Jahren von der Formel 1 berichtet, ja selbst ein Teil der Szene geworden ist. Ihr Urteil über Michael Schumacher ist kritisch und ehrlich. Ist der Kerpener ein skrupelloser Rennroboter, der ohne jegliche Ausstrahlung auf dem Altar des Erfolges viele gute Sitten opfert? Oder ist er schlicht und ergreifend der beste Rennfahrer der Welt? Seine Fahrerkonkurrenz sieht das unterschiedlich, denn Schumacher hat sich bei seinen Kollegen nicht nur Freunde gemacht. Karin Sturm beschreibt, warum David Coulthard, Damon Hill oder Heinz Harald Frentzen nicht gut auf den Champion zu sprechen sind. Und wie andererseits zu Mika Häkkinen ein beinahe freundschaftliches Verhältnis entstehen konnte. Der amtierende Weltmeister tut sich schwer, seine Schutz-Maske in der Öffentlichkeit abzunehmen. Der Tränenausbruch in Monza, als "Schumi" sein fahrerisches Vorbild Ayrton Senna zumindest statistisch eingeholt hatte, ist laut Karin Sturm allerdings nur "der kleine Riss in der Fassade, er hat sich schnell wieder geschlossen". Und auch wenn dieser Emotionsausbruch viele Ferraristi beeindruckt hat, so dauert es sicherlich noch eine Weile, bis Schumacher außerhalb seiner Familie und seines persönlichen Umfeldes nicht nur geachtet, sondern auch geliebt wird. Karin Sturm dokumentiert nicht zuletzt mit vielen Zitaten aus der Szene das Phänomen Schumacher von der Geldmaschine bis zum Familienmensch -- und immer wieder stößt die Autorin auf die Berechenbarkeit als hervorstechendes Merkmal des Piloten. Alles in allem ist die frühe Biografie des Vorzeige-Sportlers eine interessante Lektüre -- geht Journalistin Karin Sturm an ihren besseren Stellen über fast fehlerfreie Statistiken (1999 macht Sturm im abschließenden Ergebnisteil Damon Hill fälschlicherweise zum Weltmeister) und Rundenzeiten hinaus und wirft einen Blick hinter die Kulissen der Formel 1 und ihres derzeit wichtigsten Protagonisten. --Andreas Egert Quelle:
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