Von den Erbauern wie den Bewohnern einst hoch gelobt, wandelte sich die öffentliche Wertschätzung der Großsiedlungen Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen im Berliner Osten nach dem Mauerfall zusehends. Für einen 1994 von der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen ausgelobten Wettbewerb reichte das Architekturbüro sauerbruch hutton ein Konzept zur Entwicklung einer städtischen Landschaft für die Mitte von Marzahn ein. Der Entwurf sah vor, das durch eine sechsspurige Verkehrsstraße durchschnittene Wettbewerbsgelände durch Fußgänger- und Fahrradbrücken zu vernähen, der Mitte von Marzahn mit einem eineinhalb Kilometer langen Gebäudeband ein neues Rückgrat zu geben und mit einem rundlichen Kaufhaus aus zwei ineinander verschränkten Spiralen einen städtebaulichen Akzent zu setzen. Diese Vision des deutsch-englischen Architekturbüros fand beim Preisgericht keine Zustimmung. Ähnlich erging es einigen der von Philipp Oswalt in Berlin_Stadt ohne Form vorgestellten 30 Projekte. Der Entwurf des Baukünstlers Daniel Libeskind für den Alexanderplatz erhielt über den zweiten Preis hinaus keine Anerkennung und das mit einem 1. Preis bewertete "Hochhaus an der Bornholmer Straße" des niederländischen Büros MVRDV wurde nicht ausgeführt. Diese wie viele andere Ideen progressiv denkender Architekten scheitern oft an der Vorstellung der "Kritischen Rekonstruktion" Berlins durch einflussreiche Personen in der Berliner Senatsverwaltung. Nur wenige der hier vorgestellten Bauten können heute im Berliner Stadtbild bestaunt werden, wie etwa die Nordischen Botschaften oder das Bürohaus am Halensee von Hilde Léon und Konrad Wohlhage. In Bau befindet sich die Botschaft der Niederlande des Architekten Rem Koolhaas. Den Projekten vorangestellt hat der Architekt und Autor Oswalt neun Essays, die die Berliner Stadtgeschichte und die hieraus resultierenden Bauentwicklung thematisieren. Die Projekte selbst werden durch fachkundige Texte des Kritikers Rudolf Stegers erläutert und mithilfe von zahlreichen Schwarzweißabbildungen, Modellfotos, Skizzen und Schnitten dargestellt. Nach all den bunten Bildbänden über das neue Berlin erweist sich diese Publikation zu Strategien einer anderen Architektur als gelungene provokative Ergänzung. Ein interessantes und wichtiges Buch für jeden Architektur- und Städtebauinteressierten. --Stefan Meyer Quelle:
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