In Kalifornien, im Beachwood Canyon nordwestlich von Los Angeles, ragen neun 15 Meter hohe Buchstaben in den Himmel. In den 20er-Jahren hat man sie errichtet, als Immobilien-Werbung; inzwischen sind sie ein Synonym geworden für die Hoffnungen und Träume der gesamten Film- und Fernsehindustrie: Hollywood. Bis 1945 stand dort noch "Hollywoodland" geschrieben. Das traf es besser: Denn Hollywood ist eine eigene, faszinierende, visuelle, man würde heute sagen: virtuelle Welt. In Hollywood hat der amerikanische Filmkritiker David Thomson die Zeit, als die Bilder in Kalifornien laufen lernten, wieder angehalten. Im international wohl bedeutendsten Bildarchiv für Filme, der Kobal Collection, hat sich der Science-Fiction-Spezialist (The Alien Quartet) und Orson-Wells-Biograf (Rosebud) umgesehen und anhand von Porträtaufnahmen, Standbildern und Snapshots die Entwicklung vom Stumm- zum Tonfilm -- und damit vom Gesicht zur Stimme -- nachgezeichnet. Und er blickt in die Zukunft des Gewerbes, die mit dem Erfolg von Der Herr der Ringe schon begonnen hat. Von der unglaublich bezaubernden Louise Brooks (Die Büchse der Pandora) über Roscoe "Fatty" Arbuckle, Charlie Chaplin, Anna May Wong, Cary Grant und Robert Redford bis hin zu Woody Allen, Stephen Spielberg, Quentin Tarentino oder Sam Mendes (American Beauty) entsteht so die Filmografie des Studiogeländes. Dass Thompson sich dabei textlich zurückhält und bis auf teils kluge, teils witzige Bildunterschriften die ganze visuelle Vielfalt des erstöberten Materials auf den Betrachter einwirken lässt, ist nicht nur verdienstvoll, sondern sicher auch ganz im Sinn der Traumfabrik. Hollywood ist ein voluminöses, nahezu unerschöpfliches Reservoir an Bildern, ein kinematografisches Abenteuer zwischen Buchdeckeln -- und kostet nicht mehr als ungefähr fünf Besuche im Kinocenter. Weiß man dort nicht einmal genau, was man kriegt für sein Geld, so lohnt sich diese Anschaffung hier allemal. Denn Thomsons Band ist eine Art kommentiertes Daumenkino durch 75 Jahre glamouröser Filmgeschichte, durch das man gerne immer wieder begeistert blättert. --Thomas Köster Quelle:
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