Todes Nähe hat den Charakter eines eng geflochtenen Hefezopfes. An jeder Stelle quellen neue Ideen, Verdachtsmomente und Verlogenheiten hoch. Nie kommen die Akteure zur Ruhe, Michael Nava hetzt seine Leser durch ihre eigenen Vorurteile und Fantasien, erlaubt ihnen ihren eigenen Film im Kopf zu seiner Geschichte: Ein Erdbeben erschüttert Los Angeles. Henry Rios sondiert mit seinen Nachbarn das Gelände, als er Zack Bowen auf seiner Türschwelle findet. Der junge Stricher hat sich zu Rios durchgekämpft. Er war der Geliebte des angesehenen, verheirateten und erfolgreichen Richters Chris Chandler, einem Studienkollegen von Henry Rios. Rios erinnert sich an eine kurze Affäre, die ihn einst mit Chris verband, doch Chris hatte sich für ein "anständiges Leben mit Frau und Kind" entschieden. Rios findet bei seinem Besuch der hinterbliebenen Witwe Bay und Sohn Joey einen Abgrund von Selbstverleumdung. Über Jahre hinweg lebte Richter Chandler in zwei Welten. Todes Nähe ist der sprachlich vorsichtigste Roman von Michael Nava. Unmoral und Selbstbetrug werden nie direkt benannt, sondern einfach in ihrer ganzen Bandbreite vorgeführt. Am Ende stehen Liebhaber, Witwen, Söhne und Kollegen eines Toten. Sie verbindet ihre Unehrlichkeit sich selbst gegenüber und ein Virus, HIV, das alle in sich tragen. Aber auch Henry Rios gerät in eine Krise: Sein Freund Josh wird bald sterben. Josh zuliebe zog er von San Francisco nach Los Angeles. Wieder beginnt für Henry Rios die Suche nach sich selbst. --Martin Kilgus Quelle:
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