Photographieren, um sich selbst aufzulösen Bei den Fotos, die während Wim Wenders' Drehortsuche für Paris.Texas im Westen der USA entstanden sind, handelt es sich eigentlich um Fluchtbilder. Während er für die Produktionsfirma mögliche Motive auf Diafilm bannte, gönnte sich der Filmemacher mit seiner Plaubel-Kamera im Mittelformat 6x7 Momente der Ruhe und der Kontemplation. Es ist die Flucht vor dem Touristenblick, die seine Reise zwischen Texas und Kalifornien vorantrieb. Aber wie diesem entkommen, wo doch die Amerikaner unser Unterbewusstsein kolonialisiert haben. In den verlassenen Orten des Mittleren Westens träumt Wenders den Traum vom unschuldigen Blick. "Fotos frei von Arroganz" sollen es sein. Niemandem zu nahe treten! Noch einmal bloß "Lichthandwerker" sein, lautet das Credo. So bleiben die Bilder aus den Wüstenstädten meist frei von Menschen. Der Westen nach dem Ausverkauf. Werbeflächen ohne Publikum. Der Blick auf die Natur ist verstellt durch Schilder, für die es keinen Gebrauch mehr gibt. Aber ohne Schilder würde man sich in Amerika zu einsam fühlen, so Wenders in dem einleitenden Interview des Fotobandes. Was Wenders auf seinen Ausflügen in die Metropolen Houston und L. A. festhält, sind aufgemalte Kulissen. Die Straßenbilder des mittleren Westens zehren von der flirrenden Stille der Mittagszeit: High Noon everywhere. Gebäude und Häuserfronten können allerdings den Raum nicht mehr füllen. Seine flächigen Aufnahmen aus der Frontalperspektive könnten beinahe Abziehbilder aus vergangenen Zeiten sein -- hätte Wenders nicht die Farbe für sich entdeckt. Zum ersten Mal fotografierte er nicht in schwarz-weiß. Die Farbigkeit der verlorenen Trapperkulissen verschieben den nostalgischen Blick: So gleichen die verwaisten Schulbusse "Joshua & John" eher Aliens als Relikten sentimentaler Friedhofslandschaften. --Marcus Welsch Quelle:
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