Barg die Musik für Ingeborg Bachmann bei ihrer Suche nach einer geeigneten poetischen Sprache Möglichkeiten des Ausdrucks, welche die Dichtung ihr zu verwehren schien, indem Musik in ihrem Wesen enthielt, was Bachmann für die Sprache bei ihrem Versuch, sich der Wahrheit zu nähern, als letztlich unerreichbare Voraussetzung formulierte, nämlich "bezeichnend nicht, so auch nicht zeichenlos" zu sein, so bemühte sich Henze in seiner Musik umgekehrt um Annäherung an Sprachlichkeit im Sinne einer angestrebten, doch nie erreichten Genauigkeit: "Musik müßte verstanden werden wie Sprache". In der Konsequenz dieses Einverständnisses suchten beide in ihrem gemeinsamen Schaffen eine Symbiose, in der sie in der Verknüpfung ihrer Künste ein Bekenntnis ablegen wollten, wodurch diese angreifbar würden, aber auch an Würde gewännen. Musik und Sprache sollten sich vereinigen, einander durchdringen, Grenzen überschreiten, Wahrheiten wecken. Hierin liegt der ethisch-ästhetische Impuls auch für die gesellschaftskritischen Absichten beider Künstler. Den Zeitpunkt einer idealen wechselseitigen Erhellung und Durchdringung dieser Künste formulierte Ingeborg Bachmann als den "Augenblick der Wahrheit". In diesem Buch wird am Beispiel der beiden Opern, zu denen Bachmann das Libretto und Henze die Musik geschrieben haben, untersucht, wie und wodurch es zu diesem "Augenblick" kommt, in welcher Weise beide Künstler auf verschiedenen Wegen einander zuarbeiten. Im Blick auf ihre Wirkungsweise geht es folglich darum, das Gemeinschaftswerk Bachmanns und Henzes transparent zu machen und neue Deutungsperspektiven aufzuzeigen.In den ersten drei Teilen werden die theoretischen Fundamente für das komplexe Konstrukt Sprache (Dichtung) - Musik gelegt, das in der Oper gipfelt. Diese sehr reflektierte Grundlegung knüpft an musiktheoretische Ansätze der Forschungsliteratur an, enthält aber auch eigene und eigenständige Theorie- und Thesenbildungen. Quelle:
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