Seit seinem Hungertod im Jahre 1575 ist Sir Simon de Canterville der wahre Hausherr im Schloss, hat mit seiner Spukerei Generationen von Bewohnern in die Flucht geschlagen, zuletzt die Witwe Herzogin von Bolton, der er zwei KnochenhĂ€nde auf die Schultern legte. Doch Unheil naht. Fröhliche KlarinettenklĂ€nge kĂŒndigen den Einzug der Familie Otis an. Der amerikanische Botschafter samt Frau und vier Kindern halten nicht viel von englischer Gespenstertradition. Fortan gibt's nichts mehr zu lachen. Rutschbahnen aus Butter und ErdnuĂschalen, ausgelegt von den kleinen Rotzlöffeln Ronnie und Freddie bringen Simon in ernste Schwierigkeiten. Als Washington Otis, der Ă€lteste Sohn der Familie schlieĂlich auch noch der historischen Blutlache mit Pinkertons Fleckweg zu Leibe rĂŒckt, stĂŒrzt Sir Simon in eine tiefe IdentitĂ€tskrise. Eine Paraderolle fĂŒr Henning SchlĂŒter. Hin- und herstolpernd zwischen EntrĂŒstung, Verzweiflung und wilden RachegelĂŒsten lĂ€sst er die von Oscar Wilde zugegebenermaĂen dankbar angelegte Figur zum Star der Produktion werden. Dorothee Hartinger, die den Part des rettenden Engels Virginia Otis ĂŒbernommen hat, wird von dem mal heulenden mal vor Wut rasenden Gespenst regelmĂ€Ăig an die Wand gespielt. Wunderbar klischeehaft eingesetzt sind die unverzichtbaren Merkmale einer Schauergeschichte. Rasselnde Ketten, wimmernde KĂ€uzchen, unheilvoll donnernde Gewitter, dazu dĂŒstere PaukenschlĂ€ge. Das macht das Hörspiel schaurig-schön, mĂ€rchenhaft verstaubt und voller Ironie, ganz wie die literarische Vorlage von 1887. Das Gespenst von Canterville ist sicher das beliebteste KunstmĂ€rchen Wildes. Er hat die Geschichte vom Aufeinanderprallen der alten und neuen Welt mit einem Augenzwinkern erzĂ€hlt, das in der Hörspielbearbeitung von Lilian Westphal prĂ€chtig zur Geltung kommt. Die Kinder werden sich ĂŒber die wunderbaren GerĂ€uscheffekte, die gruselige AtmosphĂ€re und die komödiantischen Einlagen von Henning SchlĂŒter freuen, die Erwachsenen mögen schmunzeln und sich rĂŒhren lassen von der Moral der Geschichte, dass die Liebe von einer so groĂen Kraft ist, die sogar den Tod ĂŒberdauert. Die Hörspielproduktion des Bayerischen Rundfunks ist 60 Minuten lang und ist mit Schauspielern wie Phillip Moog, Peter Fricke und Rufus Beck exquisit besetzt. --Cornelia Eulitz Quelle:
|