Irgendwie scheinen es oft die Piloten zu sein, die der Literatur schwerelose Märchen mit Kultstatus bescheren. Das war so beim Weltkriegspiloten Antoine de Saint-Exupery, der seinen Kleinen Prinzen zu den Sternen und Planeten schickte, und so ist es auch beim amerikanischen Wettkampfflieger Richard Bach. "Als Pilot sollte man sich das Gefühl, das Bild, oder auch die Geräuschkulisse des Erfolgs vorstellen können", schrieb Bach seinen Kollegen ins Stammbuch. Ob er beim Schreiben von Die Möwe Jonathan den Beifall des Lesepublikums schon vor Augen hatte, ist nicht bekannt. Nichtsdestotrotz ist sein Buch von der Möwe, die jenseits der Geschäftigkeit der restlichen Vogelwelt rund ums Fischefangen aus interesselosem Wohlgefallen am Himmel ihre Kreise zieht und so von Neuem Fliegen lernt, aus keinem Bücherschrank mehr weg zu denken. Nun ist im Ullstein Verlag das Hörbuch zum Klassiker mit Rufus Beck erschienen, von dem man sich eine Menge erwartet hatte. Um es gleich vorweg zu sagen: Die Möwe Jonathan verhilft dem ansonsten grandiosen Sprecher Beck zu keinerlei rezitatorischen Höhenflügen. Eigentlich hat man eher den Eindruck, als habe ihm die Fabel um Freiheit und Selbstverwirklichung gar ein wenig die Flügel seiner Möglichkeiten zurecht gestutzt. Das war bei den Hörbüchern zur Harry-Potter-Reihe ganz anders, bei denen es dem Schauspieler gelungen ist, den Zauber der Handlung direkt in die Magie seiner Stimme zu transportieren. Und auch, wie spielerisch Beck mit großem Modulationsspektrum die Dialoge in den Stadtgeschichten von Armistead Maupin meistert und lebendig macht, ist höchst bewundernswert. In Die Möwe Jonathan, wie gesagt, bleibt er nur knapp über dem Boden schweben. Also: Fans von Rufus Beck sollten eher zu anderen Hörbüchern des Sprechers greifen. Für Freunde der Möwe Jonathan hingegen ist die Produktion ein unbedingtes Muss. --Thomas Köster 1 Audio-Cassette oder 1 CD. Spieldauer: 73 Minuten. Quelle:
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