Was mögen da noch für Schätze in den Archiven der Rundfunkanstalten lagern? Der Deutschlandfunk hat schon mal nachgeschaut und sehr interessante Bänder zutage gefördert. Dichterlesungen aus den Jahren 1966 bis 69 -- von Alfred Andersch bis Siegfried Lenz. Auch das Booklet des Hörbuchs kann sich sehen lassen: Herausgeber Hajo Steinert schreibt einführende Worte und widmet jedem Autor mit seinem Text etwa eine Seite. Da erfahren wir zum Beispiel, dass Heimito von Doderer wenige Wochen nach der Aufnahme starb. Oder dass Wolfgang Koeppen nach seinen Lesungen im Deutschlandfunk im Jahre 1968 kaum noch öffentlich auftrat. Insofern haben wir es wirklich mit besonderen Tondokumenten der deutschsprachigen Literatur zu tun. Und es ist auch ein besonderes Vergnügen, beispielsweise Thomas Bernhard mit noch jugendlicher Stimme seine Erzählung „Midland in Stilfs“ lesen zu hören -- und dabei erstaunt festzustellen, wie gut, beinahe perfekt, er seinen eigenen Text interpretiert. Die technische Qualität der Aufnahmen ist durchaus zufriedenstellend. Einzig störend sind die Ansagen des Moderators, die im Vergleich zu den Originalaufnahmen so laut aufgenommen sind, dass man jedes Mal erschrickt, wenn er einen neuen Text ankündigt. Teilweise hören wir Auszüge aus Romanen, etwa aus Siegfried Lenz’ Bestseller Deutschstunde, teilweise abgeschlossene Texte, wie etwa die beeindruckende Erzählung „Zu irgendeiner Zeit“ von Marie Luise Kaschnitz. Und weil dieses Hörbuch Dichter Stimmen I betitelt ist, dürfen wir uns also auf weitere Archivschätze freuen. Spieldauer: ca. 204 Minuten, 3 CDs, ungekürzte Lesung --Christian Stahl Quelle:
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