Der Mann ohne Eigenschaften ist einer der berĂŒhmtesten Romane des 20. Jahrhunderts, doch kaum einer hat ihn gelesen. Dieses Schicksal teilt dieses Romanfragment allerdings mit anderen groĂen Werken der Moderne, etwa von Joyce oder Proust. Umso begrĂŒĂenswerter ist deshalb der Versuch des Bayrischen Rundfunks, Robert Musils Monumentalwerk einem gröĂeren Publikum nĂ€her zu bringen. Die Form, die dafĂŒr gewĂ€hlt wurde, ist ebenso originell wie konsequent. Keine Hörspielfassung, und auch keine Lesung der zu Lebzeiten des Autors veröffentlichten zwei BĂ€nde. Sondern eben ein Remix, der das Ausufernde, Vielstimmige und Vielschichtige des Originals zu fassen versucht. Unter anderem dadurch, dass auch EntwĂŒrfe und Notizen aus Musils Nachlass mit einbezogen werden. Und sogar Kommentare von Musil-Experten und -Verehrern liefern weitere Aspekte, z.B. von Alexander Kluge, Karl Corino oder Roger Willemsen. Höhepunkt ist dabei sicherlich die Weiterdichtung der Moosbrugger-Episode durch Elfriede Jelinek, die ihren Text auch selbst vortrĂ€gt. Bemerkenswert ist auch die QualitĂ€t der mitwirkenden Schauspieler. Zu ihnen zĂ€hlen BĂŒhnenstars wie Angela Winkler, Ignaz Kirchner, Josef Bierbichler oder Sunnyi Melles. Das Besondere dabei ist, dass die Schauspieler sowohl einzelnen Figuren zugeordnet sind, als auch die ErzĂ€hlpassagen, die sich mit der jeweiligen Figur beschĂ€ftigt, vortragen. Insofern ist der Mittelpunkt dieses hochklassigen Ensembles zweifellos der groĂartige Ulrich Matthes, der seinem Namensvetter Ulrich, dem Mann ohne Eigenschaften, seine Stimme leiht. ErwĂ€hnt werden muss unbedingt auch das fast 700 Seiten starke Begleitbuch: Es enthĂ€lt nicht nur den kompletten Text der 20 Hör-CDs, sondern auch einfĂŒhrende Texte, Fotos der Schauspieler wĂ€hrend der Produktion und einige ausfĂŒhrliche Interviews z.B. mit dem Regisseur dieser aufwĂ€ndigen Produktion. Der Mut der Herausgeber Katarina Agathos und Herbert Kapfer zu dieser ungewöhnlichen Herangehensweise ist belohnt worden: Die Produktion wird Literatur-Freunde, ob sie nun Musil-Leser oder Musil-Noch-Nicht-Leser sind, begeistern und bietet den denkbar interessantesten Zugang zum Mann ohne Eigenschaften. Spieldauer: ca. 1161 Minuten, 20 CDs, bearbeitete Hörfassung. --Christian Stahl Quelle:
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