Ein wenig ist die Erwartung auch immer mit Skepsis durchsetzt, wenn aus großen Romanen der Weltliteratur Hörspiele gemacht werden: Dass zu viel auf der Strecke geblieben sein könnte bei der Bearbeitung und all dem Kürzen und Verdichten, das dabei unvermeidlich ist. In dieser Hinsicht ist Die Blendung ein Musterbeispiel für eine geglückte Hörspielfassung. Canettis Hauptwerk, für das er wohl vor allem den Literatur-Nobelpreis erhielt, wurde von Helmut Peschina gekonnt bearbeitet und von Regisseur Robert Matejka sehr ansprechend in Szene gesetzt. Canettis Roman ist ebenso bedrückend wie absurd-unterhaltsam: die Geschichte des genialen Gelehrten Peter Kien, der aufgrund seiner Weltfremdheit leichte Beute wird für seine habgierige Umwelt, vor allem in Person seiner Haushälterin und des brutalen Hausbesorgers. Verkörpert werden die Figuren bei dieser Aufnahme von erstklassigen Schauspielern: Allen voran Peter Simonischek als Erzähler, Felix von Manteuffel als Peter Kien und Robert Meyer als Fischerle. Und besonders beeindruckend: Burgschauspielerin Libgart Schwarz als Haushälterin Therese. Ein Vorteil der Hörspielfassung ist naturgemäß, dass die sprachlichen Eigenheiten der Figuren viel besser als im Buch zur Geltung kommen -- zum Beispiel das Wienerische des Hausbesorgers oder den jiddischen Einschlag von Fischerle. Herausheben muss man auch die interessante und originelle Musik von Max Nagl: von Violine, Klarinette oder Saxofon geprägte Stücke begleiten und untermalen Canettis meisterhaften Text und sind das akustische Sahnehäubchen bei diesem überaus "blendenden" Hörerlebnis. --Christian Stahl Spieldauer ca. 173 Minuten, 3 CDs, Hörspielfassung Quelle:
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