Luther verdammte ihn als "Teufelswerk". Voltaire nahm ihn stellvertretend für seinen Angriff gegen sämtliche Offenbarungslehren. Von Anbeginn an standen die Europäer dem Islam, der zweitgrößten Weltreligion, der heute mehr als ein Fünftel aller Menschen angehört, feindselig gegenüber. Gerade in unseren Tagen, in denen sich die alten Feindbilder zur kaum mehr beherrschbaren Konfrontation ausweiten, scheint Aufklärung nötiger denn je. Francis Robinsons mächtiger und reich bebilderter Kultur- und Geschichtsatlas leistet hierbei zum umfassenden Verständnis der islamischen Welt wertvollste Dienste. Unzählige Kartenbeispiele und zeitgenössische Illustrationen veranschaulichen den frühen Expansionswillen des Islams, dessen Stunde null etwa 610 n. Chr. schlug, als dem mekkanischen Kaufmann Mohammed durch den Erzengel Gabriel die göttliche Offenbarung zuteil wurde, die schließlich in den Koran mündete. Robinson erläutert die Grundlagen dieses Glaubens und seiner Entwicklung in den zentralislamischen Reichen der Safawiden, Moguln und Osmanen und führt ein in die Denkweisen und Vorstellungswelten der Moslems. Wir erleben den Versuch islamischer Eliten, eine Gesellschaft nach westlichem Muster zu formen -- und dessen Scheitern mit der iranischen Revolution 1978/79, die einen neuen Fundamentalismus gebar. Der zweite Teil des Buches beleuchtet den Alltag und das durchritualisierte Leben eines Moslems von der Wiege bis zur Bahre. Es zeigt sich aber auch eine Kultur am Scheideweg zwischen überkommenen Strukturen und Moderne. Zugespitzt findet sich dies an dem auch innerhalb der Moslems inzwischen strittigen Thema: der Stellung der Frau im Islam. Versöhnlicheres findet sich in der Abteilung Kunst: wundervolle Bildbeispiele der architektonischen Besonderheiten von Moscheen, der Teppichwebkunst der Nomaden und besonders der Kalligrafie, dieser vornehmsten aller islamischen Künste. Francis Robinson, der aus seiner Sympathie für die islamische Kultur keinen Hehl macht, hat mit seiner Mischung aus historischem Abriss und prächtigem Bildband eine wichtige Verständnisbrücke geschaffen -- und dies in schwierigen Zeiten. --Ravi Unger Quelle:
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